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Aktuelles Call for Papers

NEW DEADLINE 15.08.25 Call for Papers: Internationales Kolloquium ‘Imagined Solidarities’ in Québec: Repräsentationen, Praktiken, Konflikte

Call for Papers

Internationales Kolloquium

‘Imagined Solidarities’ in Québec: Repräsentationen, Praktiken, Konflikte
Solidarités imaginées au Québec : représentations, pratiques, conflits

Friedrich-Schiller-Universität Jena, 29.-31.01.2026

Solidarität hat angesichts multipler Krisen als Schlagwort im politischen Diskurs und als interdisziplinärer Forschungsgegenstand derzeit Konjunktur, wovon eine ganze Reihe rezenter Publikationen und Projekte an der Schnittstelle von Kultur- und Literaturwissenschaften, Soziologie, Anthropologie, Politik-, Rechts- und Bildungswissenschaften, Raumplanung und Sozialgeographie sowie Philosophie und Ethik zeugen.

Die Kultur und Gesellschaft Québecs versteht sich in besonderem Maße als Solidargemeinschaft. Diese Form der Solidarität artikuliert sich auf der Basis der gemeinsamen Sprache des Französischen und einer historisch gewachsenen Vorstellung kultureller Homogenität in einer Erfahrungs- und Schicksalsgemeinschaft. Das damit verbundene Opfernarrativ stützt sich auf Aspekte wie solidarische Resilienz, insbesondere auch in Bezug auf die indigene Bevölkerung in der frühen Kolonialgesellschaft des 17. und 18. Jahrhunderts, und Widerständigkeit gegenüber äußeren Bedrohungen wie der „conquête“ durch die britische Krone nach 1759 oder aktuell angesichts der Drohungen Donald Trumps der Vereinnahmung Kanadas durch die Vereinigten Staaten, die Fragen nach dem Zusammenhang zwischen Nation und Solidarität aufwirft.

Die Virulenz des Begriffs der Solidarität beruht darin, dass er nicht nur als deskriptive Kategorie, sondern wertend, appellativ und handlungssetzend verwendet wird (Busen 2023) sowie eine Norm- und Handlungsdimension (Tranow 2012) impliziert. Solidarität ist politisch umkämpft (Schall 2022) bzw. „umstritten“ (Mayer / Schäfer / Schüll 2024). Busen sieht Solidarität gar als „essentially contested concept[s]“, als ein in sich komplexes, evaluatives Konzept, über dessen konkurrierende Begriffsverwendungen ein grundlegender diskursiver und politischer Deutungskampf ausgetragen wird.

Die Popularität des Begriffs insbesondere in Krisenzeiten resultiert auch aus dessen substanzieller Unterbestimmtheit (Bayertz 1998; Busen 2023). Solidarität erweist sich als Passepartout-Konzept mit uneinheitlichem, schilderndem Begriffsumfang (cf. Forschungsbericht Schall 2022: 30f.). Bernard / Devette sprechen gar von einem „signifiant vide“ (2020-21: 224). Masurkewitz-Möller identifiziert nach der Handlungslogik vier ineinander transformierbare Typen von Solidarität: die sozialintegrative Solidarität in Wir-Gruppen, die instrumentelle Solidarität zur Legitimierung staatlichen, z.B. wohlfahrtsstaatlichen Handelns, die politische Solidarität gemeinsamen Widerstands oder geteilter Interessenvertretung und eine universale Solidarität auf Basis geteilter, humanistischer Wertvorstellungen (2023: 19; 21). Solidarität(en) werden dementsprechend in den Spannungsfeldern partikular/universell, spontan/institutionalisiert, reziprok/barmherzig, homogene Gruppe/heterogene Gruppe und abstrakt/konkret (Schall 2022: 36f.; 37-41; Mayer / Schäfer / Schüll 2024: 7) verortet.

Werden aktuell angesichts der Polarisierungen und Spaltungen von Gesellschaft und politischer Landschaft die Ära der “positionality” und das Ende der „language of solidarity“ ausgerufen (z.B. vom politischen Philosophen Steven D’Arcy, cf. Roediger 2016: 224), werden die universelle, rational aufgeklärte Solidarität oder die instrumentelle Solidarität im Rahmen des (nationalen) Wohlfahrtsstaats aufgekündigt und stattdessen der Akzent auf partikulare, gruppenspezifische Solidarität(en) im gemeinsamen politischen Kampf verschoben. Es stellt sich die Frage, inwiefern „Solidarität in Diversität“ im Kontext der Debatten um heterogene, super-diverse (Vertovec), kosmopolitische (Beck), post-migrantisch Gesellschaften bzw. „convivial societies“ (Gilroy u.a.) gedacht werden kann (cf. Schall 2022: 19f.).

Der Streit um Solidarität(en) soll im Rahmen der Tagung als Krisensymptom ebenso analysiert wie als Chance begriffen werden, Solidarität auch theoretisch und konzeptuell neu zu denken – „in der Diversität“, jenseits von Binarismen, von Inklusions- und Exklusionslogiken aber auch von naivem (und eurozentrischem) Universalismus, plural, multiskalar und „verortet“ oder „verkörpert“. Insbesondere soll dabei dem Zusammenhang von Solidarität und Kollektiv bzw. Solidarität und identitärer Zugehörigkeit nachgegangen werden. Aus Sicht Québecs ist dieser Aspekt insbesondere auch im Hinblick auf seine historischen und aktuellen Begegnungen mit der indigenen Bevölkerung von Interesse.

Der Begriff der „imagined solidarities“ knüpft an Konzepte wie „imagined communities“ (Anderson 1983), „imagined geographies“ (Said 1978) oder „colonial imagination“ (Appadurai 1996), aber auch an „imagined futures“ (Beckert 2016), „imaginaries of migration“ (López García 2021) oder, im kanadischen Kontext, an Charles Taylor‘s Modern Social Imaginaries (2004) an. Das Konzept verweist in diesem Zusammenhang auf kollektive Vorstellungen, Bilder und Repräsentationen, die Solidargemeinschaften konstituieren, zusammenhalten und sie in Raum und Zeit verorten. Soziale Imaginationen (Adams 2023) und die damit verbundenen Praktiken wirken als Kohäsionskräfte zwischen Individuen und Gemeinschaften, können aber auch Ausgangspunkt für Konflikte und Infragestellungen sein. Sie sind zentral für sozialen Wandel und Innovation, insbesondere in Krisenzeiten und im Fall konkurrierender Imaginationen.

Die Tagung fragt nach „imagined solidarities“ im Kontext Québecs und lädt dazu ein, aus interdisziplinärer Perspektive Solidarität und Solidaritätsbeziehungen und die damit verbundenen sozialen Imaginationen, Praktiken und Diskurse zu untersuchen, z.B. anhand der Beziehungen zwischen Minderheiten und Mehrheitsgesellschaft, aber auch in Bezug auf die äußeren Vernetzungen Québecs wie mit Kanada, der nordamerikanischen Frankophonie oder dem internationalen Netzwerk Québecs. Soziale Imaginationen von Solidarität und Solidaritätsbeziehungen sowie damit verknüpfte Praktiken und Diskurse sollen anhand symbolischer, literarischer oder medialer Repräsentationsformen beleuchtet werden, aber auch die Konflikte, die damit einhergehen. Im Zentrum stehen dabei in erster Linie die folgenden drei Achsen:

  1. Imaginationen von Solidarität: Solidarität und Solidaritätsbeziehungen beruhen auf sozialen Imaginationen und damit verbundenen Praktiken. Konflikte können aus dieser Perspektive auch als konkurrierende Imaginationen über Solidarität analysiert werden.
  2. Praktiken der Solidarität: Mit welchen Praktiken werden solidarische Beziehungen gestärkt oder in Frage gestellt? Inwiefern tragen diese Praktiken zur Konsolidierung von Solidaritätsbeziehungen bei? Welches innovative und transformative Potenzial wohnt ihnen inne?
  3. Literarische und mediale Repräsentation von Imaginationen und Praktiken von Solidarität: Durch welche diskursiven, literarischen oder bildlichen Praktiken entsteht Solidarität und damit verknüpfte Imaginationen? Was ist der Beitrag der Literatur und anderer kultureller Medien an der Entstehung oder Infragestellung von Solidarität?

Einreichung von Vorschlägen

Vortragsvorschläge können bis zum 15.08.2025 an die Veranstalter geschickt werden. Sie sollten ein Abstract von ca. 300 Wörtern sowie eine kurze Biobibliographie enthalten.

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Appel à communications

Colloque international

Solidarités imaginées au Québec : représentations, pratiques, conflits
Imagined Solidarities in Quebec : Repräsentationen, Praktiken, Konflikte

Université de Iéna (Allemagne), 29.-31.01.2026

La notion de solidarité connaît actuellement un regain d’intérêt. Elle est à la fois invoquée dans le discours politique et s’impose comme objet d’étude interdisciplinaire à l’intersection des études culturelles et littéraires, de la sociologie, de l’anthropologie, des sciences politiques, du droit, des sciences de l’éducation, de l’urbanisme, de la géographie sociale ainsi que de la philosophie et de l’éthique. En témoignent une série de publications et de projets de recherche récents qui explorent et évaluent la viabilité du concept de solidarité dans le contexte actuel de crises multiples et de diversification sociétale marquée.

La société québécoise se conçoit tout particulièrement comme une communauté solidaire. Cette forme de solidarité s’articule à partir de la langue commune qu’est le français et d’une conception historiquement construite d’homogénéité culturelle dans un horizon d’expériences et de destin partagés. Le récit de victimisation qui y est associé repose sur des éléments tels que la résilience solidaire – notamment avec les populations autochtones dans la société coloniale naissante du XVIIe et du XVIIIe siècle – et la résistance aux menaces extérieures telles que la « conquête » par la Couronne britannique au bout de la Guerre de Sept Ans (1759-63) ou, plus récemment, face aux menaces de Donald Trump et au risque d’absorption du Canada par les États-Unis, soulevant ainsi des questions sur les liens entre nation et solidarité.

La prégnance du concept de solidarité tient au fait qu’il n’est pas seulement utilisé comme catégorie descriptive, mais aussi de manière incitative et prescriptive (Busen 2023), impliquant une dimension déontique et praxéologique (Tranow 2012). La solidarité étant souvent politiquement contestée (Schall 2022), voire « controversée » (Mayer / Schäfer / Schüll 2024), Busen la qualifie de « concept essentiellement disputé », c’est-à-dire de concept complexe, au sujet duquel s’articule une lutte fondamentale d’interprétation discursive et politique entre usages concurrents.

La popularité du terme, en particulier en temps de crise, découle aussi de son indétermination substantielle (Bayertz 1998 ; Busen 2023). Ainsi, la solidarité apparaît comme un concept passe-partout à la portée sémantique variable (voir le rapport de recherche de Schall 2022 : 30s.) ou encore, selon Bernard et Devette, comme un « signifiant vide » (2020-21 : 224). Selon Masurkewitz-Möller, on peut identifier, à partir de la logique de l’action, quatre types de solidarité étroitement liés les uns aux autres, voire interconvertibles : la solidarité socio-intégrative au sein des groupes d’appartenance, la solidarité instrumentale pour légitimer l’action étatique (par exemple l’État-providence), la solidarité politique issue de la résistance commune ou de la représentation d’intérêts partagés, et une solidarité universelle fondée sur des valeurs humanistes communes (2023 : 19 ; 21). Les différentes formes de solidarité constituent ainsi un champ de tension entre le particulier et l’universel, le spontané et l’institutionnalisé, le réciproque et le charitable, le groupe homogène et le groupe hétérogène, l’abstrait et le concret (Schall 2022 : 36s. ; 37–41 ; Mayer / Schäfer / Schüll 2024 : 7).

Alors qu’à l’heure des polarisations et des divisions croissantes dans la société et le champ politique, on proclame la fin du « langage de la solidarité » et l’avènement de l’ère de la « positionnalité » (par exemple le philosophe politique Steven D’Arcy, cf. Roediger 2016 : 224), la solidarité universelle éclairée par la raison ou la solidarité instrumentale de l’État-providence (national) sont abandonnées au profit de solidarités particulières, spécifiques à certains groupes, dans un combat politique commun. Cela soulève la question de savoir dans quelle mesure une « solidarité dans la diversité » peut être pensée dans le contexte des débats sur des sociétés hétérogènes, super-diverses (Vertovec), cosmopolites (Beck), postmigratoires (Yildiz 2022) ou encore « conviviales » (Gilroy et al.) (cf. Schall 2022 : 19s.).

Dans le cadre de notre colloque, le conflit autour des différentes formes de solidarité doit être compris à la fois comme symptôme de crise et comme opportunité de repenser la solidarité sur le plan théorique et conceptuel – « dans la diversité », au-delà des binarismes, des logiques d’inclusion et d’exclusion, au-delà d’un universalisme naïf (et eurocentré), de manière plurielle, multi-scalaire et « située » ou « incarnée ». Il s’agira notamment d’interroger les liens entre solidarité et collectif, ainsi qu’entre solidarité et appartenance identitaire. Et cela vaut tout particulièrement pour une nouvelle perception du Québec au regard de ses rencontres historiques et actuelles avec les peuples autochtones.

Le concept de solidarités imaginées se rattache à des approches telles que les „imagined communities“ (Anderson 1983), „imagined geographies“ (Said 1978), ou „colonial imagination“ (Appadurai 1996), mais aussi les „imagined futures“ (Beckert 2016), „imaginaries of migration“ (López García 2021) ou, dans le contexte canadien, les Modern Social Imaginaries de Charles Taylor (2004). Il met l’accent sur les représentations collectives, les images et les représentations qui constituent les communautés solidaires, les maintiennent unies et les situent dans l’espace et le temps. Les imaginaires sociaux (Adams 2023) et les pratiques qui y sont liées agissent comme des forces de cohésion entre les individus et les communautés, mais peuvent également être à l’origine de conflits et de remises en question. Ils sont donc centraux pour le changement social et l’innovation, en particulier en temps de crise et face à des imaginaires concurrentiels.

Le colloque propose à explorer la question des solidarités imaginées dans le contexte québécois. Dans une perspective interdisciplinaire, il s’agit d’analyser les formes de solidarité et les relations solidaires au sein de la société québécoise, par exemple à travers les relations entre minorités et majorité, mais aussi dans ses interconnexions extérieures, p.ex. avec le Canada et la francophonie nord-américaine ou à travers le réseau international du Québec. Le colloque s’interésse en particulier aux imaginaires sociaux, aux pratiques et aux discours qui leur sont associés, et invite à analyser les représentations symboliques, littéraires et médiatiques ainsi que les zones de conflit qu’elles impliquent. Trois axes principaux seront au cœur de cette réflexion :

  • Imaginaires de la solidarité : Les relations solidaires reposent sur des imaginaires sociaux et des pratiques associées. Les conflits peuvent être analysés, dans cette optique, comme des imaginaires concurrents de la solidarité.
  • Pratiques de la solidarité : Quelles sont les pratiques qui permettent de consolider ou de remettre en question les relations solidaires ? Dans quelle mesure ces pratiques participent-elles à la consolidation des liens de solidarité ou sont-elles porteuses de possibilités d’innovation et de transformation ?
  • Représentations littéraires et médiatiques des imaginaires et pratiques de solidarité : Quelles sont les pratiques discursives, littéraires et picturales par lesquelles se manifestent la solidarité et les imaginaires qui y sont liés ? Quelle est la contribution de la littérature et d’autres médias culturels à l’émergence ou à la remise en question des relations de solidarité ?

Envoi des propositions

Les propositions seront envoyées aux coordinateurs du colloque avant le 15 août 2025 sous la forme d’un résumé de 300 mots environ, accompagné d’une courte biobibliographie :

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